Bitte gehen Sie weiter. Hier ist nichts erlaubt!

Anlässlich der aktuellen Raucher-/Nichtraucherdiskussion in Wien holen Rauch(er)hassende Nichtraucher wieder einmal ihre schönsten Argumente hervor: Die armen Kinder, die zwangsbeglückt werden! Die armen Mitarbeiter in Lokalen, die den Rauch aushalten müssen! Die armen Nichtraucher, die in Raucherräumen und Raucherlokalen von bösen Rauchern belästigt werden! Die typisch österreichische „Zwischenlösung“ konnte nicht funktionieren – verbieten wir das Rauchen gleich überall! In anderen Ländern funktioniert es doch auch!

Sie erkennen wahrscheinlich, wen Sie hier vor sich haben: eine Raucherin, die sich eben dieses nicht noch mehr verbieten lassen will, als es ohnehin schon der Fall ist. Zugegeben: Die Zeiten, in denen es noch selbstverständlich war, im Kino oder im Büro zu rauchen, habe ich nicht mehr miterlebt. Dafür bin ich als Studentin selbst rauchend am Balkon im Audimax der Uni Wien gesessen. Ich glaube, damals durfte man dort auch noch. Falls nicht, ignorieren Sie diese Information bitte. Ganz klar: Das alles muss nicht sein. Eine Vorlesung ohne Zigarette ist auszuhalten, im Büro geht man vor die Tür oder auf die Raucherterrasse, im Kino wartet man eben das Ende der Vorstellung ab. Allerdings kann ich nicht mehr nachvollziehen, warum ich als Raucherin am (offenen!) Bahnsteig nur an bestimmten, gekennzeichneten Stellen rauchen darf. Schade ich an der frischen Luft tatsächlich anderen Menschen? Bzw. anders gefragt: Schade ich diesen Menschen mehr, als es die Abgase von Autos, Zügen, usw. ohnehin schon tun? Bin ich ein schlechtes Vorbild für Kinder und Jugendliche? (Und bin ich das nicht, wenn ich in der Öffentlichkeit Bier trinke?) Ist es wirklich notwendig, dass mich der nette Zugschaffner an irgendeinem Bahnsteig irgendwo in der Slowakei einlädt, mit ihm heimlich eine Zigarette im Zuginneren zu rauchen, weil ich das dort am (ebenfalls offenen) Bahnsteig gar nicht darf? Okay, das war definitiv verboten, ich gestehe. Inwiefern belästige ich Nichtraucher in Raucherlokalen oder eben in klar gekennzeichneten und abgetrennten Raucherräumen, wenn ich dort rauche? Und wer will zum Beispiel kleinen Lokalen, in denen oft ohnehin nur die Chefs selbst arbeiten, vorschreiben, dass dort partout nicht geraucht werden darf? Dürfen Gastronomen nicht selbst entscheiden, was in ihrem Lokal passiert?

Warum gehen die Wogen so hoch, sobald wieder diese unsägliche Raucherdiskussion losbricht? Ist es, weil wir Menschen einander aus Prinzip so gerne „bashen“? Weil wir endlich wieder einmal etwas gefunden haben, mit dem wir einander „bekriegen“ können? Lieben wir schlicht und einfach Verbote und Vorschriften, weil sie das Leben vermeintlich so einfach machen? Weil wir in unserer „Kleingartenmentalität“ dann nur noch auf ein Schild zeigen müssen und dem anderen triumphierend sagen können: „Du darfst das nicht!“?

Verbote, wo Argumente fehlen

Bitteschön, es muss ja nicht unbedingt schon beim Rauchen aufhören. Dicke Menschen stören Ihren Sinn für Ästhetik? Lassen wir doch alle fett- und zuckerhaltigen Lebensmittel verbieten! Fast-Food-Restaurants sowieso! Sie wissen sicher, dass Autofahren manchmal tödlich sein kann. Außerdem schadet es der Umwelt und damit uns Menschen. Verbieten! Alkohol? Zerstört ganze Familien und die Leber sowieso. Verbieten! Casinos? Siehe Alkohol! Freudenhäuser? Schon gar nicht! Spaß? Führt manchmal zu unüberlegten Handlungen. Besser → verbieten! Denken? Schadet der Obrigkeit, bringt zu viele Ansprüche und tut häufig weh. Verbieten!

Ich plädiere für mehr Selbstverantwortung an Stelle von Verboten. Für Anreize, Bildung und Aufklärung. Wenn wir uns Mitmenschen gegenüber wieder besser benehmen, dann braucht es meiner Meinung nach nicht so viele Vorschriften. Ich käme nie auf die Idee, einem anderen meinen Rauch ins Gesicht zu blasen. Nicht, weil ich es nicht dürfte. Sondern einfach, weil ich es nicht in Ordnung finde. Solche Dinge haben mir meine Eltern beigebracht und ich danke ihnen dafür. Und natürlich rauche ich in der Regel auch nicht in einem Nichtraucherlokal, sondern gehe vor die Tür. Dann erwarte ich aber auch von militanten Nichtrauchern, dass sie mir wenigstens die paar öffentlichen Plätze lassen, an denen ich meiner Sucht noch nachgehen darf. Und nicht kriminalisiert werde, weil ich an einem Glimmstengel ziehe, für den der Staat, in dem ich lebe, auch noch eine Menge Geld kassiert.

c Sabine Karrer