Beloved, Bewitched: Berlin

Die Vorfreude war groß, die Flugangst umso größer, als der Kapitän unseres Fluges darum bittet, seine Verspätung zu entschuldigen, er sei eben erst aus Belgrad gelandet. Hilfe, der Mann braucht doch eine Pause, bevor er uns Richtung Berlin-Tegel steuert!!? Na gut, endlich geht’s los. Äh nein, doch nicht. „Wir müssen uns leider noch gedulden, der Flughafen Wien wurde gerade wegen schwerer Gewitter gesperrt.“ Na danke, wie lange weiß natürlich niemand. Ob es wohl auffällt, wenn ich mich kurz aus dem Flugzeug schleiche, um eine zu rauchen? Ich entscheide mich dann doch dagegen, bekämpfe die anschließenden Turbulenzen in der Luft (klar, schwere Gewitter) mit Weißwein. „Möchten Sie ein Glas Wasser dazu haben“, fragt die freundliche AUA-Stewardess. „Ja, ähm, okay gerne.“ Man möchte ja nicht als Alki dastehen.

Urlaub mit Kerlen

20:30, endlich in Tegel gelandet und auch das Gepäck ist vollständig mit uns gereist. Es kann also losgehen! Zuvor wird mir noch klar gemacht, was es heißt, als Frau mit zwei Männern auf Urlaub zu fliegen. Ich: „Oh Gott, schaut euch mal die eine Tussi an, der fallen ja gleich die Dinger aus dem Ausschnitt.“ M und A grinsen über beide Ohren: „Also auf sowas darfst du uns gerne öfter aufmerksam machen.“ Okay, Männerurlaub, alles klar.

Das günstige Hotel Nähe Beusselstraße entpuppt sich zwar als ebenso zentral gelegen wie versprochen, dafür wissen wir jetzt, was ein User im Internet mit „sehr eng“ gemeint hat. Ich bin der Meinung, dass in dem kleinen Kasten am Fußende der drei Betten (eigentlich sehen sie mehr aus wie ein Drei-Personen-Bett mit einem etwas zu groß geratenen Spalt in der Mitte) sich ein herrlich geräumiges Badezimmer versteckt. Fehlanzeige. Eine einzige Dusche und zwei Toiletten für so viele Hotelgäste? Da heißt es schnell sein in der Früh! Prinzipiell immer noch okay, abgesehen davon, dass ich mangels dieser Info keine Badeschlapfen dabei habe. Keiner von uns. Aber da das Wasser in der Dusche ohnehin nicht abrinnt, würde man sich den Fußpilz so oder so holen. (Haben wir übrigens nicht, Glück gehabt!)

Erste Eindrücke

Gleich am Abend fahren wir auf den Alexanderplatz. Erstmals „echte“ Berliner Luft einatmen. Nur das Bier in einer der Public-Viewing-Zonen ist noch kälter als die Außentemperatur. Gut, dass in ein paar Tagen Sommerbeginn ist. Wir finden einen netten, günstigen Vietnamesen, wo wir aus irgendeinem Grund Sushi essen. Sehr fein, aber die nächsten Tage habe ich Bauchschmerzen. Ich versuche es nicht auf das Essen zu schieben, wehre mich aber in den darauffolgenden Tagen vehement dagegen, wieder hinzugehen.

Nach ein paar wenigen Stunden Schlaf, einer eiligen morgendlichen Duschen (andere wollen ja auch und es ist wirklich kein Bad, in dem man gerne Zeit verbringt) und einem für die Umstände erstaunlich umfangreichen Frühstück geht es Richtung Berliner Dom. Er ist nicht so groß wie der Kölner Dom, aber auch sehr mächtig. Erste Begegnung mit Berliner Verrückten. Eine Bettlerin will etwas Geld haben, eine Berlinerin darauf lautstark: „I give you no money! It’s my money. For Coffee, for Breakfast…“ Oder so. Verrückte muss man nicht immer verstehen.

Mangels Lebensgeister meinerseits entscheiden wir uns für eine Rundfahrt auf der Spree. Wir wählen einen Anbieter direkt vorm DDR-Museum und haben das Glück, als Guide eine richtige „Berliner Schnauze“ zu erwischen. Und ca. 20 holländische Touristen im Seniorenalter. Olé!

Nächste Station: DDR-Museum. Für die doch recht engen Räume ist es ziemlich überlaufen, aber in jedem Fall sehenswert. Besonders für M, der als einziger von uns noch nicht einmal „Good Bye, Lenin“ gesehen hatte. Wir lachen uns schief über Ossi-Kumpel Dankwart am anderen Ende der Leitung, der sich aufregt, weil seine Mandy weg ist (oder so). Und nicht einmal Papas „Pornosammlung“ fehlt im nachgebauten DDR-Wohnzimmer. Super! Aber auch heikle Themen wie Doping werden nicht ausgespart, es gibt Ampel- und Sandmännchen sowie einen alten Trabbie zu bestaunen. DDR-Romantik pur.

Weiter geht’s zum Checkpoint Charlie: Eigentlich ja ein Ort der Erinnerung und des Innehaltens, aber das ist leider nicht möglich. Zum Einen wird man fast überfahren, wenn man anderen Touris vor den Schautafeln ausweichen will. Zum Anderen ziehen die Schauspieler (oder was auch immer) am ehemaligen Grenzübergang erbarmungslos ihre Show ab. Richtig gruselig finde ich die Tatsache, dass McDonald’s hier eine Filiale hat, wo sensationsgeile Touristen direkten Ausblick auf das Geschehen haben. Fazit: Einfach kränk. Klaus, mach was! Das Mauermuseum entschädigt dafür. Hier kann ich endlich etwas innehalten. Neben der Geschichte der DDR, des Mauerbaus und -falls wartet das chaotische, aber authentische Museum mit Storys von geglückten Fluchten und missglückten Fluchtversuchen auf. Durch selbstgegrabene Tunnel, im Heißluftballon oder im Kajak, abenteuerlich!

Mittendrin statt nur dabei

Das Daimler Center kann man sich ehrlich gesagt sparen, sehenswert ist dagegen des Sony Center. Alleine schon des freischwebenden Daches und der aufwendigen Beleuchtung wegen. Der einzige Skandal: Auf dem Riesen-Flatscreen im Hof werden lieber langweilige Promo-Videos gezeigt als WM-Spiele. Shame on you, Sony! Am Potsdamer Platz geht es noch mit dem schnellsten Aufzug Europas in Sekundenschnelle nach oben. Es wird langsam dunkel über Berlin, schön! Vorbei am Denkmal für die ermordeten Juden Europas schlendern wir dann Richtung Brandenburger Tor. Zwischen, neben und auf den riesigen Steinen des Denkmals ist des Nächtens wohl alles erlaubt, was tagsüber verboten ist: Sitzen, trinken, tschicken,… Oder, auch sehr lustig: Von Stein zu Stein hüpfen. Nein, sollte man natürlich nicht! Haben wir auch nicht. Wobei: Wer mitten in der Stadt einen dem Äußeren nach potentiellen Klettergarten aufbaut, sollte sich über diverse Aktivitäten dort nicht wundern.

Wir wundern uns dagegen über das bunte Treiben, spekulieren noch damit, dass heute Christopher Street Day sein könnte… Und siehe da: Es ist CSD, wie geil ist das denn. Meine erste Begegnung mit dem Brandenburger Tor (das ich mir übrigens wesentlich größer vorgestellt hatte!) wird also durch eine riesige Bühne davor verhindert. Na gut, wir feiern einfach mit. Party machen können die Berliner nämlich.

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Teil 2 folgt.