Ein Spendenschwein, ein Bussi, eine Begegnung mit einem außergewöhnlichen Menschen. Zum Tod von Karlheinz Böhm.

„Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren von Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir Abschied nehmen.“ (Albert Schweitzer)

Ich darf mich zu jenen glücklichen Menschen zählen, die Karlheinz Böhm noch persönlich kennenlernen durften. Damals war ich ein Kind und er bereits weit mehr als der fesche Franzl aus den Sissi-Filmen. Es muss Anfang der 90er-Jahre gewesen sein. Meine Mutter engagierte sich für Böhms Hilfsorganisation Menschen für Menschen und als mein kleiner Bruder und ich wieder einmal gemeinsam unsere Geburtstage feiern wollten, war ziemlich bald klar, dass wir an Stelle von Geschenken Geld für Menschen für Menschen sammeln würden. Ich weiß nicht mehr, wie viel damals zusammen kam, aber das selbstgebastelte, rosarote Spendenschwein war ganz gut gefüllt. Aus heutiger Sicht war es dennoch nicht mehr als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein, aber als Kind war ich ziemlich stolz darauf. Und immerhin war es Karlheinz Böhm, der einmal sagte, Mutter Teresa habe ihn mit einer einzigen Aussage einst selbst ermutigt: „Ein einzelner Tropfen ist zwar wenig, aber ohne Tropfen kann es kein Meer geben.“

An die genaue Übergabe des Spendenschweins erinnere ich mich nicht mehr. Nur daran, dass Böhm irgendwann nach der Geburtstagsfeier einen Vortrag bei uns im Grätzel hielt, wir ihm dort das gesammelte Geld überreichten und ich von ihm als Dankeschön ein überschwängliches Bussi bekam. Schüchtern, wie ich damals war, war mir das natürlich furchtbar unangenehm. Der große Karlheinz Böhm und die kleine Sabine Karrer. Aber ich war irrsinnig stolz auf diesen „Tropfen auf den heißen Stein“. Der insbesondere mich selbst sehr geprägt hat. Und mir bis heute das Gefühl gibt, die Welt wenigstens ein kleinwenig verändern zu können, wenn man es nur will.

Getroffen habe ich Böhm seit damals nie wieder. Vielleicht sind wir einmal auf der gleichen Veranstaltung gewesen, aber ich habe ihn nie persönlich angesprochen. Meine Mutter ist mit ihm sporadisch in Kontakt geblieben, hat mir immer ab und zu von ihm, seiner Frau Almaz, den gemeinsamen Kindern erzählt. Später, als ich bereits als Redakteurin/Journalistin tätig gewesen bin, hätte ich Böhm wahnsinnig gerne einmal interviewt. Zuerst hat mir dafür allerdings das passende Medium gefehlt und als ich so weit gewesen wäre, hat er sich aus gesundheitlichen Gründen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Ich hake es wie so vieles andere unter „vergebene Chancen“ ab.

Die Arbeit von Menschen für Menschen habe ich in all den Jahren aber weiterhin beobachtet. Bis heute finde ich es beeindruckend, dass ein Mensch aus finanziell guten Verhältnissen, der sich als Schauspieler bereits einen Namen gemacht hatte, sein Leben scheinbar von einem Moment auf den anderen in den Dienst der guten Sache gestellt hat. Nicht einfach „nur“ Spenden lukriert, sondern eine Stiftung aufgebaut hat, die Menschen in Äthiopien dabei unterstützt, sich selbst zu helfen. Der „Spendenskandal“ im Vorjahr muss Böhm erschüttert haben. Dazu will ich weiter gar nichts sagen, weil ich die genauen Hintergründe nicht kenne, weil ich es mir menschlich nicht vorstellen kann und will, weil es nicht hierher gehört. Fakt ist: Die Stiftung Menschen für Menschen hat ihr Spendengütesiegel behalten. Mehr muss man dazu vielleicht gar nicht wissen.

„Es gibt nicht fünf Milliarden Menschen, sondern fünf Milliarden Mal EINEN Menschen.“ Dieses Zitat von Karlheinz Böhm hat derstandard.at anlässlich der traurigen Nachricht veröffentlicht. Heute ist EINER von ihnen von uns von uns gegangen. Aber bei aller Trauer um diesen außergewöhnlichen Menschen darf ich den großen Albert Schweitzer zitieren: „Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren von Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir Abschied nehmen.“ Diese Spuren hat Böhm ohne jeden Zweifel hinterlassen. Und wenn der stete Tropfen den Stein höhlt, dann werden andere seine Arbeit in Äthiopien in seinem Sinne fortsetzen oder die Welt nach seinem Vorbild auf ihre Weise zu einem besseren Ort machen.

Zum Abschluss lasse ich meine von mir hoch geschätzte Mutter sprechen, die meine im Bild festgehaltene Kindheitserinnerung an Böhm folgendermaßen kommentiert hat: „Es war der Beginn eines wunderschönen, viele Jahre anhaltenden Kontaktes mit einem Menschen, der von seinem Podest (auf das ihn seine Bewunderer gestellt hatten) herunter kam, um Mensch für Menschen zu sein, die sich (vorerst) selbst nicht helfen konnten. Hilfe zur Selbsthilfe war sein Plan. Und der ist mit seiner Organisation Menschen für Menschen voll aufgegangen. Seiner wunderbaren Frau Almaz und seinen beiden Kindern Nicolas und Aida meine innige Anteilnahme.“ (Tränchen verdrückt, aber dabei gelächelt.)

c privat