Der feine Unterschied im Kundenservice

Ein Abendessen mit Freundinnen zu organisieren ist ja an sich keine große Sache. Aber natürlich soll es etwas Besonderes sein, wenn die Damen schon aus ganz Wien eigens in mein Grätzel anreisen, um mit mir zu speisen. Lange habe ich zwischen zwei praktisch nebeneinander gelegenen Lokalen hin- und herüberlegt – und mich letztlich für das komplett falsche entschieden.

Das eine Restaurant (falsche Wahl) …

liegt malerisch an der Neuen Donau, ist eher höherpreisig, aber meiner Erfahrung nach mit einer sehr guten Küche (und auch nicht allzu kleinen Portionen, dachte ich), schönem Ambiente usw. – über die Preise und über den nicht immer hervorragenden Service kann man da auch mal hinwegsehen. Dachte ich.

Die bessere Wahl …

…, das Nachbarlokal, zeigt sich immer noch sehr malerisch, verfügt aber über einen weniger schönen Ausblick. Nichtsdestotrotz bietet das Lokal tolles Essen, große Portionen (von denen man auch satt wird), eine nette Bedienung (zuvorkommend, organisiert, freundlich und humorvoll – können auch sprechen, ohne zu nuscheln ;)), nur leider ist das Ambiente von Außen wie von Innen leider um Welten weniger ansprechend als im Nachbarlokal. Das verblendet. Wobei: Ein paar neue Speisekarten, ein paar weniger Spinnen im Schanigarten, ein neuer Anstrich – und schön müssten sie wahrscheinlich anbauen ob des Andrangs.

Falscher Film

Entgegen meiner Gewohnheit habe ich mich also nach langem Hin und Her für die Optik und gegen die „inneren Werte“ entschieden. Man muss ja etwas bieten können… Einen Tisch zu reservieren war nicht schwer, ihn zu finden dagegen sehr. Der Herr Restaurantleiter schickte mich zuerst zu einem völlig falschen Tisch am anderen Ende des Lokals. Da stand ich nun, ich armer Thor, und war so tischlos wie zuvor. Glücklicherweise war ich die Erste. Also Suche aufgegeben, Restaurantleiter erneut gefragt und anstatt einer freundlichen Antwort oder gar einem „Entschuldigung, aber…“ zu hören bekommen, dass da halt offenbar eine Namensgleichheit herrsche (ja klar, mein Name ist auch sooo weit verbreitet, naja…).

Tisch gefunden, Mädels eingetroffen, Essen bestellt. Geschmeckt hat es allen, satt wurde aber so gut wie niemand – mir selbst grauste es nach der Hälfte. Auf die gegrillten Calamari hatte ich mich seit Tagen gefreut, dass mir ein vermeintliches Plastikteil im Essen den Appetit verderben könnte, daran hätte ich im Leben nicht gedacht. Und es war dann doch kein Plastikteil, sondern eine Art Gräte, die allerdings nicht mitserviert werden sollte. Zitat Restaurantleiter: „Wir können ja nicht in jedes einzelne Stück reinschauen, das kommt halt vor, aber eh nur in einem von tausend Fällen.“ Aja, danke für die Info, in meiner Portion hatte ich gleich zwei davon, ich Glückskind. Vielleicht kann mir auch ein (Hobby-)Koch erklären, weshalb die diese Tintenfischstücke nicht einfach in der Hälfte durchschneiden, bevor sie sie grillen – dann könnte ja auch kein komisches „Plastikteilchen“ drin bleiben…? Aber ich habe ja keine Ahnung.

G. bestellte dann noch ein vermeintliches Mango-Joghurt, das mehr aus Wasser als aus sonst irgendetwas bestand. „Das gehört so, das weiß man“, so die sinngemäße Aussage des inzwischen genervten Servicechefs. „Aha, na Sie können das wieder mitnehmen, mir schmeckt das nicht“, so meine normalerweise wenig zimperliche Freundin G. Immerhin musste sie es am Ende nicht bezahlen – ebenso wenig wie D. ihren Aperolspritzer, der den Weg zu ihr nie geschafft hatte. Vielleicht hatte die Servicekraft sie auch nicht verstanden, da D. das Nuscheln und leise Reden nicht so drauf hatte wie sie selbst. Nichts gegen Aushilfen, Gastro-Schüler etc., aber fast ausschließlich mit ihnen kann man keinen Top-Service bieten. Mehr vorzugeben, als man ist – das ist nicht meines!

Ach ja, endgültig reichte es uns dann übrigens, nachdem die Sonne ihre letzten Strahlen gegen unsere Getränkegläser warf. Da wurde nämlich plötzlich sichtbar, was sinnbildlich für den ganzen Abend stand: Der Geschirrspüler a) funktionierte nicht, b) funktionierte nicht richtig, c) wurde nicht verwendet. War aber egal, weil mich das Lokal sowieso nicht mehr sehen wird.

Lokalwechsel

Der spontane Mädelsbeschluss „Geh‘ ma einfach in das andere Lokal und trink‘ ma dort noch was“ wurde einstimmig angenommen – und sieh‘ an: Im direkten Vergleich fühlten wir uns auf der Stelle wie zuhause. Der Chef persönlich kam sofort freundlich auf uns zu, besorgte uns trotz Hochbetriebs einen Tisch, wir wurden sofort bedient, die Gläser waren blitzsauber (!!) und das Soda Zitron (im angeblichen Top-Lokal übrigens mit Pseudozitrone aus dem Packerl) belastete das Geldbörserl gleich mal um einen ganzen Euro weniger.

Am Ende gingen wir alle beschwingt und glücklich nachhause – es war doch noch ein schöner Abend geworden.

Fehler dürfen passieren

Versteht mich nicht falsch, Fehler können passieren. Aber es kommt darauf an, wie man auf sie reagiert. Das unterscheidet guten Kundenservice letztlich von schlechtem. Und wie wir alle wissen: Kunden zu halten ist wesentlich einfacher und günstiger, als neue Kunden zu gewinnen. Abgesehen davon, dass ein Gast tatsächlich als König behandelt werden sollte, wenn er sich entsprechend (normal) verhält: Wer gar nicht so wenig für das „bisserl mehr“ bezahlt, darf das „bisserl mehr“ wohl auch einfordern – und nicht stattdessen noch weniger und ein paar blöde Antworten und Unfreundlichkeiten bekommen.

Dass das dort aber so üblich ist, hätte ich mir denken können. Spätestens, nachdem wir einige Wochen zuvor nach einer ziemlich saftigen Rechnung (ich sagte ja: gute Kunden) um 23.45 Uhr noch eine Flasche Wein bestellen durften, bevor wir um 00.02 Uhr (um 00.00 Uhr ist offenbar sehr pünktlich Sperrstunde) extrem unhöflich und samt der natürlich noch nicht geleerten Flasche auf die Straße gesetzt wurden. Ganz nach dem Motto: „Zahlen ja, austrinken nein.“

Fürs nächste Mal gilt wieder: „innere Werte“ statt Oberflächlichkeiten!